Zum Inhalt springen

Gewerbesteuersätze in Deutschland

3 min readBy: Alex Mengden

Unternehmen werden in Deutschland mit einem durchschnittlichen Steuersatz von fast 30 Prozent auf ihr jährliches Einkommen besteuert. Ihre Steuerlast kann jedoch je nach Standort stark variieren, da nur etwa die Hälfte davon über den einheitlichen Körperschaftssteuersatz von 15 Prozent erhoben wird, der mit einem Solidaritätszuschlag von 5,5 Prozent belegt ist. Die übrige Unternehmenssteuerlast hängt von der kommunalen Gewerbesteuer in den 10.786 Gemeinden ab, die ihre Steuersätze autonom festlegen können, wobei ein Mindestsatz von 7 Prozent gilt. Diese Struktur hat entscheidende Folgen für die Attraktivität Deutschlands für Unternehmensinvestitionen sowie für die Einnahmestabilität der Gemeinden.

Allgemein kann lokaler Steuerwettbewerb von Vorteil sein, da er es Privatpersonen und Unternehmen ermöglicht, attraktivere Kombinationen aus Steuersätzen und öffentlich bereitgestellten Gütern und Dienstleistungen zu wählen. Die Vorteile eines solchen Standortwettbewerbs steigen mit der Entscheidungsautonomie der Gebietskörperschaften über die relevanten Standortfaktoren. In Deutschland kann dies beispielsweise Mittel einschließen, die für die lokale Verwaltung, Genehmigungensverfahren und lokale Infrastruktur aufgewendet werden, während viele andere Faktoren entweder auf Landes- oder Bundesebene liegen. In föderal organisierten Ländern wie Deutschland, Spanien oder der Schweiz kann Steuerwettbewerb verhindern, dass die nationale Steuerpolitik weniger attraktiv wird, als wenn sie allein auf zentralstaatlicher Ebene organisiert wäre.

In der Praxis wird der lokale Steuerwettbewerb über die Gewerbesteuersätze durch den kommunalen Finanzausgleich und durch Bindungsprobleme der Gemeinden abgeschwächt. Empirische Untersuchungen zeigen, dass die Gemeinden erhebliche Schwierigkeiten haben, sich glaubwürdig auf niedrige Gewerbesteuersätze festzulegen. Wenn Unternehmen verhältnismäßig hohe unbewegliche Investitionen tätigen, reagieren Gemeinden mit einer Erhöhung des Gewerbesteuersatzes um bis zu 24 Prozent. Dies behindert Unternehmensinvestitionen in unbewegliche Anlagen, wie z.B. Energiekraftwerke, da Unternehmen zu erwartende Erhöhungen des Steuersatzes in ihre Investitionsrechnung miteinbeziehen.

Verglichen mit der Grundsteuer oder den kommunalen Anteilen am lokalen Umsatz- und Einkommenssteueraufkommen kann die Gewerbesteuer eine instabile Einnahmequelle sein, insbesondere für kleinere Gebietskörperschaften mit einer auf wenige Unternehmen konzentrierten lokalen Wirtschaftstätigkeit. In den vergangen Jahren haben Sorgen um die Einnahmestabilität kleinerer Gemeinden zu Einschränkungen des steuerlichen Verlustrücktrags geführt. Gegenwärtig können Unternehmen in Deutschland laufende Verluste aus den Gewinnen der letzten zwei Jahre lediglich mit der Körperschaftssteuer verrechnen, nicht aber mit der Gewerbesteuer. Diese Beschränkung schreckt unverhältnismäßig stark von Investitionenin Projekte mit stark schwankenden Gewinnen und Verlusten ab, wie z.B. Neugründungen oder forschungs- und entwicklungsintensive Unterfangen.

Der durchschnittliche Gewerbesteuersatz liegt bei 12,89 Prozent und reicht vom Mindestsatz von 7 Prozent in Langenwolschendorf (Thüringen) bis zu 22,75 Prozent in Inden (Nordrhein-Westfalen). Der bevölkerungsgewichtete Durchschnittssatz liegt bei 14,33 Prozent und damit etwa 1,5 Prozentpunkte höher als der einfache Durchschnitt, da größere Gemeinden tendenziell höhere Gewerbesteuersätze erheben.

Die 10 größten deutschen Städte Berlin (14,35 Prozent), Hamburg (16,4 Prozent), München (17,15 Prozent), Köln (16,625 Prozent), Frankfurt am Main (16,1 Prozent), Stuttgart (14,7 Prozent), Düsseldorf (15,4 Prozent), Leipzig (16,1 Prozent), Dortmund (16,98 Prozent) und Essen (16,8 Prozent) erheben alle überdurchschnittlich hohe Gewerbesteuersätze. Die höheren Steuersätze in diesen Großstädten können die Vorteile der Häufung von Unternehmen in Ballungsräumen widerspiegeln, die ihre geografische Mobilität einschränken und es den Gemeinden somit ermöglichen, relativ höhere Steuern zu erheben. Nichtsdestotrotz stehen deutsche Großstädte bei der Festlegung ihrer Gewerbesteuersätze sowohl mit kleineren Umlandgemeinden als auch mit anderen Großstädten im Standortwettbewerb.

Die Steuersätze unterscheiden sich auch regional von Bundesland zu Bundesland. So erheben die Stadtstaaten Bremen und Hamburg sowie Gemeinden in Nordrhein-Westfalen und im Saarland tendenziell die höchsten Gewerbesteuersätze, wohingegen in Gemeinden in Bayern und Brandenburg die niedrigsten Sätze zu finden sind. Die Gemeinden können niedrigere Gewerbesteuersätze - besonders gegenüber Gemeinden mit ähnlichen Standortfaktoren - nutzen, um Unternehmensinvestitionen anzuziehen.

Tabelle 1. Die 20 höchsten Gewerbesteuersätze (Gebiete mit über 100.000 Einwohnern)

AGSGemeindeBevölkerung, 2022GewerbesteuersatzKombinierter Unternehmenssteuersatz
05119000Oberhausen209,87820.30%36.13%
05117000Mülheim an der Ruhr171,97220.30%36.13%
05112000Duisburg500,44818.20%34.03%
05914000Hagen189,03418.20%34.03%
05562032Recklinghausen111,64918.20%34.03%
05916000Herne157,65317.50%33.33%
05911000Bochum364,05617.33%33.15%
05970040Siegen101,99217.33%33.15%
09162000Munich1,508,93317.15%32.98%
05124000Wuppertal358,06517.15%32.98%
05314000Bonn336,06417.15%32.98%
05116000Mönchengladbach262,73617.15%32.98%
10041100Saarbrücken181,37317.15%32.98%
05512000Bottrop117,83217.15%32.98%
05120000Remscheid112,66917.15%32.98%
05913000Dortmund592,90016.98%32.80%
05113000Essen583,15316.80%32.63%
03241001Hanover541,67616.80%32.63%
05711000Bielefeld337,74916.80%32.63%
05513000Gelsenkirchen261,58716.80%32.63%
Quelle: Statistisches Bundesamt, "Hebesätze der Realsteuern 2022 – Ausgabe 2022“

Tabelle 2. Die 20 niedrigsten Gewerbesteuersätze (Gebiete mit über 100.000 Einwohnern)

AGSGemeindeBevölkerungGewerbesteuersatzKombinierter UnternehmenssteuersatzGesamtrang
05316000Leverkusen164,8848.75%24.58%10756
07315000Mainz219,41610.85%26.68%10064
08421000Ulm128,30112.60%28.43%6480
03103000Wolfsburg125,31512.60%28.43%6480
08221000Heidelberg161,47714.00%29.83%1085
09161000Ingolstadt139,55314.00%29.83%1085
11000000Berlin3,725,65014.35%30.18%896
08415061Reutlingen117,03414.35%30.18%896
05754008Gütersloh102,25514.49%30.32%872
07312000Kaiserslautern100,58414.53%30.35%839
05774032Paderborn154,05114.63%30.46%796
08111000Stuttgart632,16514.70%30.53%605
09663000Würzburg127,82814.70%30.53%605
08121000Heilbronn126,81314.70%30.53%605
07111000Koblenz115,09814.70%30.53%605
07314000Ludwigshafen173,34914.88%30.70%565
09362000Regensburg156,31214.88%30.70%565
08222000Mannheim314,42815.05%30.88%486
08311000Freiburg im Breisgau234,44215.05%30.88%486
03159016Göttingen118,02815.05%30.88%486
Quelle: Statistisches Bundesamt, "Hebesätze der Realsteuern 2022 – Ausgabe 2022“

Tabelle 3. Die größten 10 Städte

GemeindeBevölkerung, 2022Hebesatz (in Prozent)GewerbesteuersatzKombinierter UnternehmenssteuersatzGesamtrang
Berlin3,725,65041014.35%30.18%896
Hamburg1,875,18047016.45%32.28%167
München1,508,93349017.15%32.98%83
Köln1,081,16747516.63%32.45%145
Frankfurt am Main770,11246016.10%31.93%195
Stuttgart632,16542014.70%30.53%605
Düsseldorf625,58144015.40%31.23%383
Leipzig612,37846016.10%31.93%195
Dortmund592,90048516.98%32.80%112
Essen583,15348016.80%32.63%119
Quelle: Statistisches Bundesamt, "Hebesätze der Realsteuern 2022 – Ausgabe 2022“

Share this article